Amo Urbeno – E-Bike von HoheAcht im Test:
Smart, stark und komfortabel
Testredakteur: Thomas Johannsen, 9.09.2024, Bilder: Hersteller & TechnikzuHause

Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert, mit dem Amo Urbeno von HoheAcht lässt sich weit mehr anstellen, als auf breiten Reifen gemütlich durch die Stadt zu cruisen. Wie wir feststellen konnten, macht es auch beim Pendeln und selbst bei längeren Touren über Land mit Gepäck eine gute Figur. Wir haben außerdem gecheckt, wie es sich in hügeligem Gelände fährt, denn schließlich weckt der Firmenname HoheAcht durchaus gewisse Erwartungen.

Direkt vom Fachhandel

Das Amo Urbeno einsatzbereit vor der Redaktion

Das Amo Urbeno gibt es in den Rahmenhöhen S, M und L, ausschließlich in der Rahmenform Wave mit tiefem Durchstieg. Mit den drei Rahmengrößen werden die Körpergrößen 155 - 165 cm (S), 165 - 175 cm (M) und 55 175 - 185 cm (L) abgedeckt. Als Farben stehen Bergminze (hellgrün), Kratersee (blau), Vulkanschiefer (anthrazit) und Weidemilch (weiß) zur Verfügung.

Wie es sich für ein so hochwertiges Fahrzeug gehört, wird das Amo Urbeno ausschließlich über den Fachhandel verkauft. Das hat entscheidende Vorteile gegenüber einer Online-Vermarktung. Das Rad kann Vorort ausgewählt und Probe gefahren werden. Die korrekte Rahmenhöhe wird bestimmt und es gibt eine ausführliche Einweisung, denn ein Fahrrad ist nun mal kein Mitnahme-Artikel und ein E-Bike schon gar nicht. Schließlich steht der Fachhandel auch nach dem Kauf zur Verfügung, zum Beispiel, wenn es darum geht, die Sitzposition weiter zu optimieren, gegebenenfalls Sattel, Lenker und/oder Vorbau nachzujustieren oder auch auszuwechseln. Derartige Unpässlichkeiten bemerkt man ja oft erst nach einigen Kilometern.

Wir bekamen das Amo Urbeno zum Testen in der Größe L allerdings direkt zugeschickt, sodass wir selbst Hand anlegen mussten. Das gab uns gleichzeitig die Gelegenheit, die hohe Verarbeitungsqualität und die Ausstattungsdetails des Amo Urbeno genauer in Augenschein zu nehmen

Verarbeitung und Ausstattung vom Feinsten

Vorbildlich – sämtliche Kabel und Züge wurden weitestgehend im Rahmen verlegt
Selbst die Leitung zur Hinterradbremse läuft bis kurz vor dem Bremssattel sauber innerhalb des Rahmens
Herzstück des Antriebs ist der leistungsstarke Steps-Motor von Shimano, statt Kette hat das Amo Urbeno einen wartungsarmen und vor allem sauberen Antriebsriemen

Das lohnt sich in der Tat, allein die Verlegung sämtlicher Leitungen und Züge ins Innere des Rahmens, sowie dessen akkurat verarbeiteten Nähte und Stöße sind ein wahrer Augenschmaus. Gerade die sauber verlegten Leitungen und Züge erfüllen jedoch auch einen ganz praktischen Zweck: Ob nun beim Einparken im engen Fahrradständer oder beim Transport mit dem Auto-Träger; da bleibt nichts hängen und kein Kabel reißt versehentlich ab, weil es vielleicht im großzügigen Bogen verlegt wurde.

Einige Anbaukomponenten verdienen ebenfalls Aufmerksamkeit, so gibt es auf dem Unterrohr, quasi auf dem Akkudeckel eine TWIST bike base; einen Flaschenhalter, der kompatible Trinkflaschen oder anderes Zubehör mit Hilfe einer magnetischen Mechanik festhält. Die Trinkflasche wird nur angesetzt und mit einem kleinen Dreh verriegelt. Der solide befestigte Gepäckträger lässt sich mit bis zu 27 Kilo Gepäck beladen, und für das Schloss am Akku und das fest angebaute Radschloss wird nur ein Schlüssel benötigt. Die Beleuchtung wird auf Tastendruck eingeschaltet, eine Automatik, die das Licht beispielsweise bei einer überraschenden Tunnelfahrt einschaltet, gibt es leider nicht.

Einer der ersten Blicke gilt natürlich auch dem Antrieb, und auch hier gibt es mehr als nur eine Überraschung; wo sonst eine mehr oder weniger fettige Kette, mehr oder weniger geschützt die Verbindung von der Kurbel zum Hinterrad herstellt, setzt HoheAcht beim Amo Urbeno auf einen Zahnriemen. Der ist langlebig, pflegeleicht, sauber und läuft zudem auch etwas leiser als ein Kettenantrieb. Am Hinterrad sorgt folgerichtig eine Nabenschaltung für die gewünschte Übersetzung. Der Gangwechsel erfolgt dann weder mit Dreh- noch mit Daumenschaltern, sondern komplett elektronisch mit Tipptasten. Das erfordert kaum Fingerkraft und ermöglicht zudem einen Automatik-Modus. Das Amo Urbeno stellt gleich zwei davon zur Verfügung, denen während der Testfahrten unsere besondere Aufmerksamkeit gilt.

Technische Highlights

Das Amo Urbeno verfügt über eine elektronisch betätigte Nabenschaltung, diese ist wartungsarm gekapselt und erlaubt sogar zwei Automatik-Modi
Die Federgabel hat einen großen Federweg, mit dem kleinen Drehhebel lässt sich das Ansprechverhalten einstellen bis hin zur Sperre
Der vordere Bremssattel drückt gleich mit vier Kolben auf die Scheibe, das erhöht die Bremswirkung, ohne zu Lasten der Dosierbarkeit zu gehen
Die hintere Scheibenbremse kommt dagegen mit zwei Kolben aus, sie ist viel geringeren Belastungen ausgesetzt

Das Cockpit

Das Display in der Mitte gibt Auskunft über die Unterstützungsstufe, den gewählten Gang und die aktuelle Akkukapazität, da entspricht ein Balken ziemlich genau 10 Prozent
Die Tasteneinheit am linken Griff schaltet Rad und Licht ein und aus, mit den beiden Wipptasten wird die Unterstützungsstufe ausgewählt
Mit der Tastenwippe am rechten Griff werden die fünf Gänge durchgeschaltet, die kleine Taste dazwischen schaltet zwischen dem manuellen und den beiden Automatik-Modi um
Neben der Schalteinheit gibt es auf der linken Seite einen zusätzlichen Hebel, der löst die Verriegelung der Sattelstütze ...
... sodass sie abgesenkt und hochgefahren werden kann, ähnlich wie beim Bürostuhl

Praktische Lösungen

Noch seltene aber praktische Lösung, nicht nur für Trinkflaschenhalter: Die magnetische Fidlock TWIST Befestigung für allerlei Zubehör
An die Ladebuchse des Akkus kommt man problemlos im eingebauten Zustand dran, er kann zum Laden jedoch auch herausgenommen werden
Der Akku ist mit einem Schloss von Abus gesichert,
der gleiche Schlüssel passt auch zum integrierten Rad-Schloss

Einrollen

Zum Einrollen, das zum größten Teil dem Kennenlernen des Bikes, dessen Fahrverhalten und Bedienung dient, nutzen wir gerne eine etwa 50 Kilometer lange Teststrecke, die alle wichtigen Untergründe sowie auch einige Hügelchen zu bieten hat. Hier nehmen wir auch eventuell notwendiges Feintuning an der Sitzposition, sowie an Einstellungen der Bedienelemente auf dem Cockpit vor.

Beim Amo Urbeno richtet sich das Augenmerk auf die Schaltung und besonders deren Automatik-Funktionen. Der erste angenehm spürbare Effekt lässt dann auch nicht lange auf sich warten: Im Automatik-Modus stellt sich die Schaltung nach dem Anhalten an der Ampel automatisch in den ersten oder zweiten Gang, ganz gleich, in welchem man angekommen ist. So ist anschließend ein besonders flüssiges Anfahren gewährleistet. Danach schaltet die Automatik dann sukzessive wieder hoch, je nach Beschleunigungsgrad. Dank Lernfunktion passt sich die Automatik übrigens mit jedem gefahrenen Kilometer besser an den Fahrstil an. Dabei eröffnen die beiden Automatik-Modi einige interessante Möglichkeiten. Zu Beginn gibt es tatsächlich keinen Unterschied, nutzt man dagegen stets die A1, passt diese sich nach und nach an. Die A2 lässt sich dann für ein weiteres Szenario nutzen; beispielsweise für Touren mit beladenem Rad, für besonders anspruchsvolle Strecken, oder man nutzt sie, um mit der E-TUBE PROJECT App zu experimentieren. In dieser App lässt sich nämlich außer dem Start- und Anfahr-Gang auch das Schalt-Timing individuell anpassen. Das erfordert allerdings eine objektive Einschätzung des eigenen Fahrstils, und sollte erst nach einer gewissen Routine gemacht werden.

E-Tube Project App

Die E-Tube Project App wird von Shimano kostenlos per Download zur Verfügung gestellt, und zwar gleichermaßen für iOS und Android.

Wir haben uns insbesondere einen der beiden Automatik-Modi vorgenommen, da ab Werk eine eher niedrige Trittfrequenz eingestellt ist, und der Tester eine etwas höhere bevorzugt. Auch das Verhalten am Berg haben wir entsprechend der Tagesform des Testers angepasst. Das Ergebnis des Feintunings war ein deutlich flüssigeres Antriebsverhalten. Für diese Justage sollte man sich allerdings etwas Zeit nehmen, und vor allem seinen eigenen Fahrstil sehr gut kennen: Wie hoch ist meine Wohlfühl-Trittfrequenz? Soll die Automatik am Berg lieber früher oder eher später einen Gang herunterschalten? Alternativ bleibt immer noch eine der beiden Automatik-Stufen für die Lernfunktion, oder etwa eine andere Charakteristik.

Ist die App gestartte, und das Rad eingeschaltet, sind beide im Handumdrehen miteinander gekoppelt. Als Besitzer ist eine Registrieung des E-Bikes durchaus sinnvoll.
Die Kommunikation zwischen Rad und Smartphone, bezw. App erfolgt einfach via Bluetooth, sogleich werden alle Antriebsteile aufgelistet.
Vor allem die Automatik-Modi lassen sich individuell anpassen, hier kann man beispielsweise die bevorzugte Trittfrequenz eingeben, damit die Schaltung bei jeder Geschwindigkeit die ideale Übersetzung einstellt.
In welchem Gang möchte ich starten? Auch das lässt sich einstellen, außerdem kann man darauf Einfluss nehmen, wie sich die Schaltung am Berg verhält.

Die Testfahrt

Gut die Hälfte der 80 km langen Teststrecke ist rum, der Akku hat noch etwa 60 Prozent Kapazität, wegen des vorangegangenen Anstiegs steht die Unterstützung auf „Boost“, der höchsten Unterstützungsstufe

Nach der Kür, soll es nun an zur Pflicht gehen: Mit dem Amo Urbeno geht es nunmehr auf die 80 Kilometer lange, und mit einigen knackigen Anstiegen ziemlich anspruchsvolle Teststrecke.

Von unserer Redaktion in Oberhausen geht es nun quer durch die Stadt und durch angrenzende Nachbarstädte Richtung Ruhr. Das Gelände wird allmählich wellig, der Untergrund ist vielseitig. Hier gilt es von Asphalt mit und ohne Schlaglöcher, über unterschiedlich befestigte Radwege, bis hin zu kurzen Abschnitten auf wenig befestigten Wald und Feldwegen alles unter die Räder zu nehmen. Die mit 60 Millimetern extra dicken Reifen meistern nicht nur jeden Untergrund, sie halten stabil die Spur und reagieren agil auf sämtliche Lenkbewegungen. Dabei rollen sie leichtgängig ab und bleiben stets komfortabel. HoheAcht setzt nicht umsonst auf Räder mit 27,5 Zoll Durchmesser. Diese sind etwas kleiner und damit stabiler als die gängigeren 28-Zöller, das wichtigste ist aber; dass mit mehr Reifenfreiheit überhaupt erst derart fette Reifen möglich sind, ohne dass diese am Rahmen schleifen.

Dank der Motor-Unterstützung stellen auch lange und steile Anstiege kein Problem dar. Mit der Tastenwippe auf der linken Seite lässt sich der Anschub nach und nach von „Eco“, über „Trail“ bis hin zu maximaler Unterstützung auf „Boost“, was an der Auffahrt zum Langenberger Sender durchaus notwenige werden kann, um dann locker mit 23 km/h den Berg hochzufliegen. Ein tolles Gefühl, vor allem dann, wenn man sich denselben Anstieg auch schon mit einem Rad ohne Motor-Unterstützung hochgekämpft hat.

Nach etwa 50 Kilometern verfügt der Akku immer noch über die Hälfte seiner Kapazität
Für den Tester ist dagegen nach 50 Kilometern eine Pause angesagt, zum Füllen der eigenen Kalorien-Speicher

Runter kommen sie alle, und mit den fein dosierbaren Bremsen geht das trotz des hohen Gewichts des E-Bikes sogar wunderbar kontrolliert. Hier nochmal ein Lob an die gut gewählte Bereifung, denn auch auf der Abfahrt behält man jederzeit die Kontrolle, und was noch wichtiger ist; das Rad vermittelt ein ausgesprochen sicheres Fahrgefühl. Bei einer solchen Abfahrt kommt dann auch die gefederte Sattelstütze zum Tragen: Ist die Abfahrt so steil, dass die Sitzposition etwas zu hoch erscheint, kann man den Sattel mit dem Hebel, ebenfalls links am Cockpit, vorsichtig einige Zentimeter absenken. Das hilft nicht nur der Psyche, das senkt auch den Schwerpunkt ab, was ganz real der Fahrstabilität zugute kommt. Unten angekommen, wird der Hebel erneut betätigt, wenn man dann noch den Sattel kurz entlastet, steigt dieser wieder auf die vorherige Höhe. Das funktioniert nicht anders, als beim Bürostuhl.

Außerdem sind jetzt allmählich 50 Kilometer geschafft und es ist Zeit für eine Pause. Für den Tester wohlgemerkt, der Akku des Amo Urbeno hat noch gut 50 Prozent Kapazität. Eingekehrt wird im Cycle Cafe in Velbert . Das liegt auf der Strecke, es gibt Kuchen und kalte wie heiße Getränke und genug Patz, um die Räder abzustellen. Sollte der Akku dennoch schlapp gemacht haben, steht man dort außerdem gern mit Rat, Tat und Lademöglichkeit zur Seite.

Frisch gestärkt, und mit dem Amo Urbeno rundum zufrieden, können nun die restlichen 30 Kilometer bis zur Redaktion in Angriff genommen werden.

Nach der 80 Kilometer langen Testfahrt stehen noch ca. 30 Prozent Akkukapazität zur Verfügung

Fazit

HoheAcht hat mit dem Amo Urbeno einen veritablen Allrounder im Programm. Mit dem Rad fühlt man sich sowohl in der Stadt als auch bei der größeren Tour über Wald- und Feldwege wohl. Es eignet sich zum Pendeln, ebenso wie für gern auch größere Touren. Der Fahrkomfort rührt sowohl von der durchdachten Rahmengeometrie, als auch vom Antrieb mit Hilfe der pfiffigen Schaltung her. Angesichts der hochwertigen Komponenten und der sorgfältigen Verarbeitung, ist das Amo Urbeno eine langfristige Anschaffung.