Advanced ReCO Urban im Test:
Komfortables E-Bike Leichtgewicht
Testredakteur: Thomas Johannsen, 31.01.2025, Hersteller, TechnikzuHause

Seit 2011 stellt Advanced E-Bikes Made in Germany her. Seither will man weg vom Image des schweren, schwerfälligen E-Bike in Mofa-Optik. Das ReCo Urban wiegt tatsächlich etwa 10 Kilo weniger als manche Konkurrenten, es ist außerdem vollgestopft mit technischen Leckerbissen, die im alltäglichen Gebrauch einen hohen Komfort versprechen. In einem ausführlichen Test wollen wir herausfinden, ob das Fahrrad diesem Anspruch gerecht wird.

Ausstattungs-Varianten

Das ReCo Urban gehört mit etwa 20 Kilo eher zu den leichteren E-Bikes

Normalerweise ist das Eigengewicht eines E-Bikes kaum von Bedeutung, dank Motor-Unterstützung bringt selbst der untrainierte Biker das 30 Kilo schwere Gerät den Berg hinauf. In einige Situationen gerät das hohe Gewicht allerdings zum Nachteil, so stellen selbst kleine Stufen in die Garage oder gar in den Fahrradkeller schon ein Hindernis dar. Die meisten Fahrradträger fürs Auto haben sogar eine maximale Last von 30 Kilo pro Rad, sodass nicht selten der Akku herausgenommen werden muss, was beim Transport auf dem Träger ohnehin sinnvoll ist. Beim Rahmen des ReCO Urban handelt es sich um einen sogenannten Unisex-Rahmen, oder auch Mixte, mit stark abfallendem Oberrohr. Wer einen echten tiefen Einstieg bevorzugt, der wird beim ReCO Trekking Wave fündig. Beide gibt es in einer einzigen Rahmenhöhe, die möglichst viele Körpergrößen abdecken soll. Beim ReCO Urban liegt diese zwischen 150 - 190 Zentimetern, wobei natürlich auch die Schrittlänge eine wichtige Rolle spielt. Beide Rahmen bestehen zudem aus demselben recyclingfähigen Material, einer Eigenentwicklung von Advanced. Ursprung ist ein Granulat aus Karbon und Kunststoff. Dieses wird in einem Spritzguss-Verfahren zum kompletten Rahmen gefertigt, weshalb es, anders als beim Alurahmen, keinerlei Schweißnähte gibt. Aufgrund dieser Fertigungsmethode gibt es den Rahmen dann auch lediglich in besagter universaler Geometrie. Als Farbvarianten stehen Cloud White, wie unser Testmuster und Pure Black zur Verfügung.

Das ReCO Urban gibt es in mehreren Ausstattungs-Varianten

Anders sieht es dagegen bei der Ausstattung aus; das günstigste ReCO Urban mit 9-fach Kettenschaltung kostet 3.199 Euro, mit Riemen-Antrieb und Shimano Nexus Nabenschaltung werden 3.499 Euro fällig, die Spitze markiert allerdings unser Testmodell mit Riemen-Antrieb und der innovativen, stufenlosen Enviolo Nabenschaltung für 3.699 Euro. Passend zur Jahreszeit, bestellten wir außerdem das Paket mit Licht und Schutzblechen zu einem Aufpreis von 300 Euro dazu, damit liegt das ReCO Urban mit Enviolo-Schaltung und Komplettausstattung knapp unter 4.000 Euro.

Technik und Ausstattung

Saubere Sache – das ReCO Urban wird per Riemen angetrieben, und nicht mit einer ölverschmierten Kette
Das schwarze Verbindungsstück am hinteren Rahmen wird bei notwendigem Riemenwechsel ausgebaut, die Stabilität des Rahmens wird dadurch nicht beeinträchtigt
Der Bosch Performance SX ist für die Unterstützung zuständig, er ist recht kompakt und obendrein leicht

Wie alle Bikes von Advanced, wird auch das ReCO Urban über den Fachhandel vertrieben. Man muss sich also nicht um die Erstmontage kümmern, und kommt auch nach dem Kauf in den Genuss der üblichen Serviceleistungen, wie individuelle Einstellung der Geometrie, eventueller Austausch des Sattels, sowie Inspektion und Garantieleistungen.

Bei der Inspektion hat der Händler indes gar nicht so viel zu tun; das ReCO wird per Riemen angetrieben. Der muss nicht geschmiert werden und ist deshalb auch sauberer als eine Kette, darüber hinaus ist der Verschleiß erheblich geringer. Ein Nachteil – wenn man so will – besteht darin, dass eine günstige Kettenschaltung nichtverwendet werden kann. Daher gibt es das riemengetriebene ReCO Urban auch wahlweise mit einer Nexus-Nabenschaltung oder der innovativen Enviolo-Schaltung, diese hat keine festen Gänge, sondern schaltet völlig stufenlos.

Die Unterstützung erfolgt durch den Performance SX Mittelmotor von Bosch, der eine Unterstützung von 55 Nm liefert. Andere liefern zwar mit 65 oder gar 85 Nm noch mehr Power, sind dafür aber auch etwas größer und schwerer. Auch beim Akku hat man bei Advanced nach einem Kompromiss zwischen Gewicht und Reichweite gesucht, außerdem ist er noch fest im Unterrohr verbaut, wodurch die Größe, und damit die Kapazität zusätzlich begrenzt ist. Verbaut ist ein Akku mit einer Kapazität von 400 Wh, diese und andere Maßnahmen halten das Gewicht des Komplettrades bei knapp über 20 Kilo, verzichtet man auf die soliden Schutzbleche, den Gepäckträger und die Lichtanlage, pendelt sich die Waage sogar bei knapp 20 Kilo ein, während die meisten Konkurrenten das Plus an Motorleistung und vor allem an Reichweite mit 30 Kilo und mehr (bei montiertem Akku) erkaufen. Womöglich ebenfalls aus Gründen der Gewichtsersparnis ist beim Advanced lediglich die Gabel gefedert, was angesichts des komfortablen Sattels allerdings auf den meisten Strecken vollkommen ausreicht. Die Federung lässt sich mit einem kleinen Hebel zudem auch verriegeln, was beispielsweise bei steilen Anstiegen von Vorteil sein kann, da sämtliche Kraft auf die Räder wirkt und nicht in der Federgabel verpufft. Ein kleiner Dreh aktiviert die Federung anschließend wieder. Was uns fehlt, ist allenfalls ein fest integriertes Schloss, stattdessen gibt es lediglich die E-Bike-Lock-Funktion, die im Bosch-Motorsystems integriert ist, da heißt es dann im Zweifel ein kräftiges Schloss mindestens in der Sicherheitsstufe 12, was dem Wert des E-Bikes angemessen ist.

Anbauteile und Cockpit

Im Vorbau ist eine sogenannte SP-Connect-Halterung integriert, hier lässt sich prima das Smartphone zum Navigieren befestigen
Im Unterrohr ist nicht nur der Akku unsichtbar untergebracht, es gibt außerdem zwei Schrauben, für Zubehör wie eine Trinkflaschenhalterung oder einen externen Zweitakku, einen sogenannten Range-Extender

Allerdings besteht auch beim Advanced die Möglichkeit, die Reichweite auszudehnen, indem man einen zusätzlichen Akku montiert. Der kann mit Hilfe der dort bereits vorhandenen Schrauben am Unterrohr befestigt werden, beziehungsweise statt einer Trinkflasche im dort montierbarem Flaschenhalter eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es auf dem Lenkervorbau eine SP-Connect-Halterung, auf der beispielsweise ein Smartphone zur Navigation befestigt werden kann. Wir haben das ReCO Urban zudem inklusive Licht-, Schutzblech-, Gepäckträger-Paket getestet. Der Träger ist scheinbar schwebend auf dem hinteren Schutzblech befestigt und verfügt über Seitenteile zur Befestigung von Packtaschen. Die Tragfähigkeit dieser Konstruktion beträgt 16 Kilo, das reicht zwar kaum für die Radreise, ist im Alltag jedoch mehr als genug. Das Rücklicht ist nahtlos im hinteren Schutzblech integriert, und wie auch das Frontlicht mit integriertem Standlicht, allerdings ohne Bremslichtfunktion.

Da sämtliche Kabel und Züge weitestgehend verdeckt verlegt wurden, hinterlässt das Urban einen durchweg aufgeräumten Eindruck. Selbst die Leitungen für das zweiteilige Cockpit sind penibel verlegt, und bieten damit wenig Möglichkeiten zum Kabelbruch. Mit der rechten Hand wird der Drehgriff für die Schaltung betätigt, auf dem Display daneben erscheint ein Piktogramm, welches ein Fahrrad darstellt, das je nach Übersetzung entweder auf flacher Strecke oder an einem mehr oder weniger steilen Anstieg zu sehen ist.

Die Anzeige für die stufenlose Schaltung lässt intuitiv interpretieren – in dieser Position fährt das kleine Rad auf dem Piktogramm auf ebenem Terrain, das Getriebe steht auf der kleinsten Übersetzung
Im Piktogramm geht es nun leicht bergan, die Übersetzung ist etwas größer
Der Berg wird steiler, die Übersetzung ist also noch größer
Der steilste Anstieg stellt die größtmögliche Übersetzung dar
Das Display zeigt die übrige Reichweite an, und zwar abhängig von der gewählten Unterstützungsstufe

Linker Hand ist die Steuerung der Motor-Einheit untergebracht, hier wird das Bike erst einmal eingeschaltet und die entsprechende Unterstützung ausgewählt. Die Antriebsstufen Eco+, Auto, Sport und Turbo sind zur besseren Unterscheidung zusätzlich farblich gekennzeichnet, nämlich grün, blau, lila und rot. Gleichzeitig wird die übrige Reichweite im jeweiligen Unterstützungsmodus angezeigt. Das Display kann aber noch mehr; so zeigt es die aktuelle Trittfrequenz an, und gibt unterstützende Tipps zum Schalten. Die Reichweiten-Anzeige zieht dabei nicht nur den Ladezustand des Akkus in die Berechnung mit ein, nach einiger Zeit kann man beobachten, dass der bisherige Verbrauch in die Berechnung mit einfließt. Fährt man zur Abwechslung eine andere Strecke, also hügeliger oder flacher als bisher, lässt sich die Anzeige einfach zurücksetzen und beginnt ihre Berechnung von Neuem. Während unserer Testfahrt funktionierte die Anzeige tatsächlich sehr zuverlässig.

Seitlich am Unterrohr ist der Anschluss für das Ladegerät, der Akku ist fest eingebaut, kann also zum Aufladen nicht herausgenommen werden
Pfiffig – die Abdeckung des Ladeanschlusses wird magnetisch geschlossen gehalten

Die Testfahrt

Auf der Sattelstütze gibt es gut sichtbare Markierungen, das erleichtert die Einstellung der Sattelhöhe, vor allem bei einem Fahrerwechsel

Obwohl wir keinen Fachhändler bemühen, ist das ReCO Urban mit wenigen Handgriffen einsatzbereit. Der montierte Sattel erweist sich als besonders komfortabel, die Sitzhöhe lässt sich millimetergenau einstellen, damit die Einstellung immer nachvollziehbar ist, gibt es eine Skala auf der Sattelstütze. Der Vorbau und damit der Lenker lassen sich sowohl in der Höhe als auch in der Neigung großzügig anpassen. Zum Schluss werden noch die Schalter und Displays des Cockpits in eine möglichst ergonomische Position gebracht, sowie der Akku aufgeladen. Anschließend erfolgt eine kurze Runde zum Einrollen, die sowohl der Anpassung von Sattel und Lenker, als auch dem Vertraut machen mit der Technik dient.

Diese und die eigentlichen Testfahrten fanden zugegebenermaßen unter ungünstigen Bedingungen, denn jahreszeitbedingt lagen die Außentemperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt, für die Testperson eine Herausforderung, die jedoch mit entsprechender Kleidung zu meistern ist, für den Akku bedeuten derart niedrige Temperaturen dagegen eine deutliche Beeinträchtigung.

Laut Spezifikationen soll das Rad mit einem vollgeladenen Akku eine Reichweite von bis zu 80 Kilometern schaffen, die Reichweitenanzeige zeigte beim Start im Eco+-Modus eine Reichweite von 57 Kilometern an, die geplante Strecke sollte gut 50 Kilometer inklusive über 400 Höhenmeter betragen. Nun denn:

Glücklicherweise ist der Bord-Computer des ReCO Urban so intelligent, dass er schon nach wenigen Kilometern mehr Informationen über Fahrstil und Steckenprofil erfasst hat, um die restliche Reichweite entsprechend anzupassen. Um es vorweg zu nehmen: Am Ende der Testfahrt hat der Akku noch 25 Prozent Kapazität, es dürfte bei gleichem Fahrstil und ähnlichem Streckenprofil für insgesamt über 70 Kilometer reichen. Allerdings zeigt das Display keine konkrete Reichweite mehr an, sobald die Kapazität unter 30 Prozent sinkt.

Der Gepäckträger scheint auf dem Schutzblech zu schweben, dennoch hält die Konstruktion bis zu 16 Kilo Gewicht, dank der Seitenteile lassen sich sogar Packtaschen anbringen
Das Rücklicht ist fester Bestandteil des hinteren Schutzbleches, selbst das Anschlusskabel ist unsichtbar verlegt
Die Gabel lässt sich bei Bedarf mit einem einfachen Dreh ent- oder verriegeln

Fahrspaß pur

Hat der Bordcomputer und vor allem man sich selbst auf die möglichen Reichweiten eingestellt, steht dem Fahrspaß nichts mehr im Wege. Für Umsteiger von einer klar abgestuften Gangschaltung ist die stufenlose Enviolo-Schaltung anfangs zwar etwas ungewohnt, das ändert sich aber schon nach wenigen Kilometern. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen der Betätigung des Drehgriffs und der Anzeige daneben nur am Anfang relevant, weil man schon nach kurzer Zeit ganz intuitiv am Griff dreht. Alternativ kann man sich zudem am Bosch Purion 200 Display auf der linken Seite orientieren, das gibt nämlich ebenfalls Hinweise, ob es Zeit zum Rauf- oder Runterschalten ist. Die Motorsteuerung orientiert sich dabei an der Trittfrequenz und dem Drehmoment, welches auf die Kurbel wirkt. Wir wollen allerdings auch nicht verschweigen, dass der Motor mitunter gut zu hören ist, andere arbeiten da etwas leiser.

Nach der 50-Kilometer-Testfahrt hat der Akku noch 25 Prozent Restkapazität, die Reichweite wird unterhalb von 30 Prozent nicht mehr angezeigt

Im größten, eher flachen Teil der Teststrecke kommen wir mit dem sparsamen Eco+-Modus zurecht, bei leichten Anstiegen oder mäßigem Gegenwind kommt der Sport-Modus, und bei steilen Anstiegen schließlich der Turbo-Modus zum Einsatz. Wer möchte kann sich zudem die aktuelle Trittfrequenz, die zurückgelegten Kilometer oder andere Parameter anzeigen lassen, das Zappen durch das Menü des Bosch Purion 200-Displays gestaltet sich dabei ziemlich eingängig. Am besten hat uns jedoch der Screen mit den Reichweiten gefallen, die mit den vier verschiedenen Modi erreicht werden können, die Modi sind klar farblich gekennzeichnet. Fährt man eine unbekannte Strecke, oder eine mit viel Abwechslung und will sich nicht ständig mit dem Antrieb beschäftigen, stellt man die Unterstützung in den Automatik-Modus, dann muss gegebenenfalls nur noch der rechte Drehgriff für die Enviolo-Schaltung betätigt werden, der Rest ist ziemlich entspanntes Fahrradfahren. Die hydraulischen Scheiben-Bremsen haben sicheren Biss, lassen sich dazu aber sehr gut dosieren, so dass man auch beim Bremsen bergab das Rad stets unter Kontrolle hat. Hierzu und zum allgemeinen Fahrkomfort tragen die Federgabel und der bequeme Sattel ein Großteil bei. Die Federgabel lässt sich zudem mit einem einfachen Dreh am Hebel blockieren, was insbesondere bergauf hilfreich sein kann, damit die aufgewendete Kraft nicht buchstäblich in der Federung verpufft.

Muss man dann doch mal absteigen, erweist sich das ReCO Urban selbst beim Schieben als angenehm wendig. Das ergibt sich einerseits durch das moderate Gewicht, aber auch durch die Wahl der Reifen, die mit einem geringen Rollwiderstand aufwarten.

Fazit

Mit dem Advanced ReCo Urban wird das Pendeln durch die Stadt und über Land zum echten Outdoor-Vergnügen. Durch die leichte, steife Rahmenkonstruktion wird jede Pedalumdrehung umgehend in Vortrieb umgewandelt, dabei profitiert man vom perfekten Zusammenspiel vom stufenlosen Getriebe mit der sanft aber bestimmt eingreifenden Motor-Unterstützung. Das E-Bike rollt leicht und wendig über alle Straßen und befestigten Wege, lediglich in schwerem Gelände stößt es an seine Grenzen, dafür ist es allerdings auch nicht gedacht.